Unerwartete Hilfe

Bewegungslos und wie angewurzelt liegt Garda im Gebüsch. Sie hört einen Wagen näher kommen. Sie konnte nicht aufstehen, nicht weglaufen. Schreien würde auch nichts helfen, denn wie sollten sie ihn hören. Das Motorengeräusch kam immer näher. Sie fürchtete, dass sie einfach durch das Geschüsch hindurchfahren könnten. Auch wenn sie den Wagen und schon gar nicht die Insassen sehen konnte, sah sie den sadistisch grinsenden Koloss am Lenkrad und der kleine saß Beifall klatschend auf dem Beifahrersitz. Sie würden einfach über sie fahren, weil sie ihnen nachspioniert hatte. Aber sie war doch die, die etwas zu verbergen hatte, durchzuckte es sie. Warum sollten die sie umbringen? Plötzlich hielt der Wagen nur wenige Meter von ihr entfernt. Sie hielt die Augen fest geschlossen.

,,Buon Giorno'' hörte sie Gardas Stimme und dann im Chor ihre Helfer.

Frauke schreckte hoch und stieß an die Zeltwand.

-- ,,Guten Morgen!'', sagte Sylvie, die sich über sie lehnte. ,,Du musst ja einen meisen Traum gehabt haben. Ich wollte dich gerade wecken!''

Das Motorengeräusch war also echt gewesen. Sie hörte Männerstimmen in Iatlienisch, daraufhin Garda, die ihnen antwortete.

Dann rief Garda, lauter als zuvor, in Deutsch:

-- ,,Also Cedrik, sie hatten recht gehabt mit ihrer Vermutung. Wir brauchen uns nun wirklich keine Sorgen mehr um Dr. Wolff zu machen. Meine beiden Kollegen erzählten mir gerade, dass sie ihn gestern Abend mit in die Stadt genommen hatten. Er sei mitten in der Nacht auf der Landstraße gewandert, und sie hätten extra angehalten, weil sie glaubten, dass etwas passiert sei.''

Cedriks Antwort konnte Frauke nicht verstehen.

Frauke konnte nicht mehr schlucken. Unwillkürlich griff sie sich an den Hals, als wolle sie fühlen, wo der imaginäre Kloß steckte. Ein Gefühl, was sie aus ihrer Kindheit vertraut war, dann wenn ihre Mutter schwieg. Mehr als Schweigen war es. Sie bewegte sich dann durchs Haus, als gäbe es Frauke nicht. Wenn sie vor ihr stand konnte es sein, dass sie einfach so durch sie durch schaute. Immer suchte Frauke dann das Problem bei sich selbst. Sie musste irgend etwas Schlimmes getan haben, dass ihre Mutter so reagierte. So schlimm, dass ihre Mutter manchmal tagelang sogar nicht mehr mit ihrem Vater sprach. Aber es half nichts, wenn sie ihre Mutter anflehte ihr zu sagen, was sie denn getan habe, denn sie schwieg. Frauke träumte dann davon ganz klein sein zu können, so klein, dass ihre Mutter sie nicht sehen könne, oder am besten einfach unsichtbar zu sein. Dann würde ihre Mutter wieder lachen und reden.

© Bernd Klein