Etrusker 
 
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Geschichte

Wenn man sich mit der Geschichte des etruskischen Volkes beschäftigt, besteht der größte Mangel darin, dass es keinerlei etruskische Aufzeichnungen gibt. Alles, was man heute über die Etrusker weiß - außer dem natürlich, was man aus Grabfunden erschließen kann - stammt von den Griechen und Römern, d.h. es gibt keine überlieferten Texte von etruskischen Autoren. Die griechischen und römischen Autoren haben zum einen häufig ihre Schriften aus der Sicht von Rivalen geschrieben und zum anderen meist lange Zeit nach den beschriebenen Ereignissen. Den Griechen waren die Etrusker keine eigene Abhandlung wert. Sie behandelten etruskische Ereignisse immer aus dem griechischen Blickwinkel. Ebenso lag auch der Focus der römischen Geschichtsschreiber meist nicht bei den Etruskern, sondern bei ihnen selbst. Eine große Ausnahme stellte der Kaiser Claudius (10 v. Chr. - 54 n. Chr.) dar. Laut Sueton soll Claudius vor seiner Kaiserzeit (41 - 54 n. Chr.) ein Buch mit zwanzig Kapitel über die Etrusker geschrieben haben. Leider ist dieses Werk verschollen. Der römische Historiker Titus Livius ging in seinem Geschichtswerk Ab Urbe Condita über die Geschichte der Stadt Rom an verschiedenen Stellen auf die Etrusker ein. So zum Bespiel im Gründungsmythos, als die Albaner und die Römer kurz vor einem Krieg stehen. Dort erfahren wir, dass beide sich vor der Macht Etruriens fürchten. Der Führer der Albaner, Mettius Fufetius wendet sich an Tullus Hostilius den Herrscher Roms: "An eines aber, Tullus, will ich dich jedoch gemahnt haben: Wie groß die Machtmittel der Etrusker um uns und um dich vor allen Dingen sind, weißt du umso besser, da du den Tuskern (Synonym für Etrusker) näher bist. Vieles vermögen sie auf dem Land und noch mehr auf dem Meer." (Ab urbe condita, Buch I, Kap. 23) Mettius warnt, dass nach einem Krieg die Etrusker die geschwächten Sieger und Besiegten angreifen würden.

Da es also wenig gesicherte Erkenntnisse über die Geschichte der Etrusker gibt, sollte man skeptisch gegenüber Versuchen der Mystifizierung sein.

D.H. Lawrence spricht in dem auf der Eingangsseite zitierten Text, einen wunden Punkt an. Sind wir nicht wirklich in den Vorurteilen der Rivalen und Feinde der Etrusker befangen?

Seinen Reichtum verdankte Etrurien vor allem seinen großen Eisenerzvorkommen sowie den Kenntnissen seiner Einwohner in der Eisenverarbeitung. In Populonia und auf Elba befanden sich besonders große Erzvorkommen. Noch heute sieht man dort vom vom Eisenerz rötlich glitzernden Sand. Elba wurde von den Griechen Aethalia genannt. Aithalos bedeutet im Griechischen Rauch, denn über der Insel standen damals häufig Rauchsäulen von den zahlreichen Schmelzöfen..

Den Zeitraum von etwa 1.800 bis 1.000 vor Chr. bezeichnet man in der südlichen Toscana, Umbrien und Latium als apeninische Kultur. Eine Kultur, die von Viehzucht und Ackerbau geprägt war. Sie wird manchmal auch als Protovillanovakultur bezeichnet. Mittelitalien war zu jener Zeit agrarisch geprägt mit einem besonderen Gewicht auf Weidebetrieb. Rinder, Schafe und Schweine waren die bevorzugten Tiere. Es gibt nur wenige Siedlungsfunde aus dieser Zeit und kaum Gräberfelder.

Lange Zeit ging man davon aus, dass etwa zwischen dem 10. und 7. Jahrhundert ein oritenalisches Volk - nach Herodot die Lyder - in den damals noch nicht etruskischen Raum eingewandert oder eingedrungen waren. Aber diese Einwanderungstheorie wird heute immer unwahrscheinlicher. Fast jede Kultur im Westen des Mittelmeerraumes versuchte ihre Herkunft mit einem Volksstamm aus dem kulturell höher angesehenen Osten aufzupolieren. Aber eines der gewichtigsten Argumente gegen die masive Einwanderung eines fremden Volkes besteht darin, dass die Archäologen keine plötzliche oder sprunghafte Änderung in den gefunden Kulturgütern finden konnten. Allerdings ist im Laufe des 7. Jahrhunderts eine deutliche Orientalisierungen festzustellen. Die zahlreichen Fundstücke orientalischen Ursprungs lassen sich jedoch als Importe erklären. Statt dass ein fremdes Volk eingewandert ist, könnte es sein, dass sich die Etruskern neue Handelswege erschlossen hatten. Dadurch war es zu einen intensiven materiellen und geistigen Austausch mit den Völkern des östlichen und südöstlichen Mittelmeerraum gekommen. Also dort, wo sich damals die kulturellen und zivilisatorischen Zentren befanden. So trägt zum Beispiel eine Vase aus ägyptischem Steingut , die man in Tarquinia gefunden hatte, das Siegel von Pharao Bakenrenef (griech. Bocchoris) (720 - 715/714) An etruskischen Tempeln finden sich Verzierungen durch Terrakottafriese, die auf Modelle der griechisch-gretisch Welt zurückzuführen sind.

Mit der Ausbreitung der Villanovakultur begann auch ein stetes Bevölkerungswachstum. Man geht davon auch, auch wenn dies nicht völlig sicher ist, dass damals bereits die wesentlichen Gebiete der späteren etruskischen Zentren bereits besiedelt wurden. Das Siedlungsgebiet erstreckte sich zwischen Arno und Tiber und außerdem Teilgebiete der Poebene (Bologna) und und Teile Kampaniens.

Im 7. Jahrhundert begannen sich auch die Villanova Dörfer zu Städten zusammenzuschließen. Städte, die das jeweilige Umland zu beherrschen begannen. Der Grundstein für die späteren Stadtstaaten war damit gelegt.

Vielen ist nicht bekannt, dass in den frühen Jahren von Rom, etruskische Könige über Rom herrschten. Der erste war Lucumo, Sohn des griechischen Adligen Demaratus, der Mitte des 7. Jahrhunderts vor Chr. seine Heimatstadt Corinth wegen einer Revolution verlassen hatte und sich zusammen mit griechischen Künstlern, die mit ihm aus der Heimat aufgebrochen waren, in Tarquinia ansiedelte. Lucumo wurde zum Alleinerben des riesigen Vermögens seines Vaters, da sein Bruder Arruns kurz vor seinem Vater gestorben war. Lucumo hatte wohl Probleme in Tarquinia Karriere zu machen, da er nicht rein etruskischer Herkunft war. Laut Livius war seine Frau Tanaquil die treibende Kraft in ihrem Entschluss Tarquinia zu verlassen gewesen. Livius schreibt: "Rom erschien als der geeignetste Platz für ihre Absicht. Sie fühlte, dass es innerhalb einer jungen Nation, wo aller Adel erst kürzlich gewachsen ist und durch persönliche Leistung gewonnen wurde, es Platz für einen Mann mit Mut und Energie gäbe. Tatius der Sabiner sei dort König gewesen, Numa sei dorthin von Cures als König berufen worden und Ancus [der gerade regierende König] sei von einer sabinischen Mutter geboren und habe außer Numa keine weiteren adeligen Vorfahren." 1 Livius berichtet, dass ein Adler seine Filzkappe im Flug raubte, als er auf dem Wagen neben seiner Frau saß. Dann setzte der Vogel ihm diese wieder geschickt auf. Lucumo und Tanaquil betrachteten dies als gutes Zeichen. In Rom nannte er sich L. Tarquinius Priscus und es gelang ihm innerhalb kürzester Zeit gelang es Lucumo sich in der römischen Gesellschaft wegen seines Reichtums und seiner ungewohnten Art einen guten Namen zu machen. Lucumo hatte sich als als Ancus Marcius gestorben war förmlich um die Königskrone beworben. In seiner Rede gelang es ihm die Herzen des niederen Volkes zu gewinnen. "Er erbitte nichts Neues, er sei nicht der erste Auswärtige, der die Königswürde in Rom erstrebte; Tatius war sogar nicht nur ein Auswärtiger sondern als Feind zum König ernannt worden; Numa sei als völlig Unbekannter König geworden, obwohl er sich noch nicht einmal darum bemühte. Er aber sei sofort, sobald er sein eigener Herr gewesen sei, mit Ehefrau und ganzem Vermägen nach Rom gezogen; er habe weitaus mehr Zeit als Volljähriger in Rom als in seiner alten Heimat verbracht. Unter Ancus selbst, ein beachtlicher Lehrer, habe er die Gesetze Roms und die römischen Zeremonien studiert."2 Mit seinen Argumenten und seiner Qualifikation erzielte er den gewünschten Effekt und wurde mit Einstimmigkeit zum ersten etruskischen König Roms gewählt. Er regierte von 616 - 578 vor Chr. Seine Regierungszeit war von intensiver Bautätigkeit, Kampf mit den Sabinern und dem Bestreben Roms Einfluss bei den Sabinern zu vergrößern geprägt.

Die zwölf Städte waren in einem losen Staatenbund (Zwölfstädtebund) organisiert. Zu Beginn des 6. Jahrhundertsdrangen die Etrusker weiter südwärts vor und siedelten sich in den fruchtbaren Ebenen Kampaniens an. Dabei kam es auch zu einem höchst förderlichen Kontakt mit den Griechen in Cuma. Wie die Besiedlung ausgesehen hat, ist nicht ganz klar. Aber es heisst, dass sie zwölf Siedlungen anlegte, die den zwölf Städten Etruriens entsprachen. Ende des 6. Jahrhunderts hatten die Etrusker wohl den Höhepunkt ihrer Macht und Ausdehnung erreicht.

Gleichzeitig breiteten sich die Griechen und Etrusker zu dieser Zeit immer stärker im westlichen Mittelmeerraum aus. Die Phönizer besiedelten die Süd- und die Westküste von Sardinien, während die Griechen auf beiden Seiten der Straße von Messina strategisch bedeutende Siedlungen anlegten. Die Griechen gründeten auch Siedlungen in Kalabrien. Selbst die Gründung von Massalia (Marseille) durch die ostgriechischen Phokäer störten nicht die guten Handelsbeziehungen zwischen Griechen und Etruskern. Erst als die Griechen 656 v.Chr. im Osten Korsikas, also der Etrurien zugewandten Seite, die Stadt Alalia (Aleria) gründeten, drangen sie in etruskisches Hoheitsgebiet vor. Damit störten sie auch die Interessenfähre Karthagos, die das benachbarte Sardinien als ihren Einflussbereich sahen. Nach Berichten Herodots kam es zu einem Bündnis zwischen Kathagern und Etruskern gegen die Griechen. Die vereinte etruskisch karthagische Kriegsflotte mit 120 Schiffen griff im Jahre 535 die Flotte der Phokäer an. Laut Herodot waren die Phokäer zwar siegreich, aber so geschwächt - sie verloren 40 ihrer 60 Schiffe und die verbliebenen 20 waren wohl kampfuntauglich - , dass sie sich entschlossen Alalia und damit Korsika aufzugeben. Ebenso zogen sie sich auch aus Sardinien zurück, was ein großer Erfolg für Karthago war. Die Phokäer gründeten anschließend in Unteritalien in griechischer Umgebung die Kolonie Elea (Velia)


Siehe auch Johann Gottfried Herder: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, Etrusker und Lateiner


1Titus Livus, Ab urbe condita, Buch 1, Kap 34, (6)

2dto., Kap. 35, (3)

 
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