Unausweichliche Flucht

Cutu war entsetzt über das was Stenia ihm anvertraut hatte. Ihr Mann habe nichts mit der Ermordung seines Vaters zu tun. Ganz im Gegenteil. Ihr Mann hätte sein Leben für Plecu gegeben, hätte er es gekonnt. Cutu solle so schnell wie möglich nach Populonia zurückkehren.

-- ,,Hier bist du nicht mehr sicher!'', dann hatte sich ihre Augen mit Tränen gefüllt, ,,ebenso wenig wie mein Mann! Seit Tagen habe ich schon nichts mehr von ihm gehört. Vielleicht ist er schon ...''. Sie stockte und sagte dann ,,Ein von Nerie gedungener Mörder tötete deinen Vater!''

Zum Abschied warnte sie ihn vor seinem Cousin Vulca. Er könne ihm nicht trauen!

Cutu hatte keine Mühe ihr zu glauben, dass Nerie hinter dem schäbigen Mord steckte, aber dass sie ihn vor Vulca warnte schien ihm ungerechtfertig. Vulca war hart und brutal, aber Cutu kannte ihn von klein auf, und er dachte, dass Vulca niemals seine Familienbande vergessen könnte. Dennoch wollte Cutu sein Wissen für sich behalten, bis er wieder in Fufluna sein würde, wenn er sicher sein konnte, wieder ganz unter Freunden zu sein. Aber er zweifelte, ob er sich gut genug verstellen konnte? Seine Mutter hatte immer gesagt, dass er der geborene Schauspieler sei. Aber er fragte sich, ob dies genüge, wenn es um Leben und Tod geht?

Als Cutu sich dem Haus von Abdanitu näherte, lief dieser ihm eilig entgegen. Cutu erschrak, als er ihn an seinem Gewand packte und in Richtung seines Geschäftes zerrte. Er solle ihm vertrauen, er wolle ihm helfen, er habe jetzt keine Zeit für lange Erklärungen. Auch wenn Cutu skeptisch war, hatte er das Gefühl, dass er es Ernst mit der Hilfe meinte. Außerdem sagte ihm sein Verstand, dass Nerie ihm Soldaten und keinen Kleiderwäscher entgegenschicken würde. Aber warum sollte Nerie es tun. Nerie musste doch immer noch davon ausgehen, dass Cutu ahnungslos sei.

Im Innern des Geschäfts stank es fürchterlich. Cutu spürte ein beißendes Kratzen in Nase und Hals, und er kämpfte mit dem Gefühl sich erbrechen zu müssen. Wie konnte es jemand täglich in so einer Luft aushalten.

-- ,,Neries Häscher sind hinter dir her!'', raunte Abdanitu.

-- ,,Warum sollten sie, ich habe nichts verbrochen!'', sagte Cutu.

-- ,,Du nicht, aber er und dein Cousin. Und sie wissen, dass du es weißt''

-- ,,Woher sollten sie es wissen?'', fragte Cutu und dachte, dass er mit dieser Frage sich offenbarte.

-- ,,Die wissen, dass du bei Stenia warst und mit ihr geredet hast und das langt!'', sagte Abdanitu und fügte dann hinzu, während er auf einen großen Korb zeigte, ,,Ich bring dich nach Hause!''

-- ,,In so einem stinkenden Korb?'', fragte Cutu unsicher.

-- ,,Genau! Aber wer sagt dir, dass der Korb stinkt!''

-- ,,Alles stinkt hier! Und du glaubst, dass ich die ganze Zeit ...''

-- ,,Nicht, was ich dir sage: Ich habe eine Lieferung wertvoller Felle nach Fufluna und in einer Kiste werde ich dich sicher an Bord meines Schiffes bringen. Wenn das Schiff den Hafen verlassen hat, kannst du raus.''

Cutu war entsetzt und machte sich auf den Weg zum Ausgang. Er solle nicht dumm sein, hörte er Abdanitu sagen, als er durch den Eingang schlich. Kaum war er am Ende des Hofes angelangt, sah er durch die Schlitze eines Lattenzaun mehrere Soldaten kommen.

-- ,,Zur Vernunft gekommen?'', fragte ihn flüsternd und grinsend Abdanitu.

-- ,,Warum machst du das? Doch nicht aus reiner Menschenliebe? Du kennst mich noch nicht einmal?''

-- ,,Des Geldes zuliebe? Es schadet doch nicht einen Prinzen zum Freund zu haben. Du wirst dich erkenntlich zeigen!''

© Bernd Klein